Gregory Bateson, Don D. Jackson, Jay Haley und John H. Weakland

Auf dem Wege zu einer Schizophrenie-Theorie

 


Dies ist ein Bericht1 über ein Forschungsprojekt mit dem Ziel, eine umfassende, systematische Auffassung des Wesens, der Ätiologie und Therapie der Schizophrenie zu formulieren und zu erproben. Unsere Forschungen auf diesem Gebiet sind durch die Erörterung eines mannigfachen Schatzes von Materialien und Ideen vorangetrieben worden, zu dem jeder von uns entsprechend seinen verschiedenen Erfahrungen in Anthropologie, Kommunikationsanalyse, Psychotherapie, Psychiatrie und Psychoanalyse beigetragen hat. Inzwischen haben wir allgemeine Übereinstimmung erzielt über die groben Umrisse einer Kommunikationstheorie hinsichtlich des Wesens und der Ursprünge der Schizophrenie; dieser Aufsatz ist ein Vorbericht über unsere noch in Gang befindliche Forschungsarbeit.

 

Die Grundlage in der Kommunikationstheorie

Unser methodischer Ansatz beruht auf jenem Teil der Kommunikationstheorie, die Russell als »Theorie der logischen Typen« (17) bezeichnet hat. Die Hauptthese dieser Theorie besagt, dass zwischen einer Klasse und ihren Gliedern eine Diskontinuität besteht. Weder kann die Klasse ein Glied ihrer selbst sein, noch kann eines ihrer Glieder die Klasse sein, da der für die Klasse gebrauchte Begriff einem anderem Abstraktionsniveau entstammt - ein anderer logischer Typus ist - als die Begriffe, die man für die Glieder gebraucht. Während nun in der formalen Logik der Versuch gemacht wird, diese Diskontinuität zwischen einer Klasse und ihren Gliedern aufrechtzuerhalten, möchten wir zeigen, dass diese Diskontinuität in der Psychologie realer Kommunikation ständig und zwangsläufig aufgehoben wird (2) und dass wir a priori mit dem Auftreten einer krankhaften Veränderung im menschlichen Organismus rechnen müssen, wenn bestimmte formale Strukturen dieser Aufhebung in der Kommunikation zwischen Mutter und Kind auftreten. Wir werden beweisen, dass diese krankhafte Veränderung im Extrem Symptome aufweist, deren formale Kennzeichen die Klassifizierung des Krankheitsprozesses als Schizophrenie nahe legen.

Beispiele dafür, wie Menschen in ihrer Kommunikation vielfache logische Typen verwenden, lassen sich auf folgenden Gebieten finden:

  1. Die Verwendung verschiedener Kommunikationsweisen in der zwischenmenschlichen Kommunikation. Beispiele dafür sind Spiel, Nicht-Spiel, Phantasie, Ritual (sacrament), Metapher usw. Sogar bei den niedrigeren Säugetieren scheint es einen Austausch von Signalen zu geben, die ein bestimmtes sinnvolles Verhalten als Spiel usw. identifizieren2. Diese Signale entsprechen offensichtlich einem höheren logischen Typus als die Botschaften, die sie klassifizieren. Bei den Menschen erreicht diese Formung und Markierung von Botschaften und sinnvollen Handlungen einen beträchtlichen Grad an Komplexität, wobei es seltsam ist, dass unser Wortschatz für solche Nuancen noch immer sehr spärlich entwickelt ist und wir überwiegend auf nonverbale Vermittlungen angewiesen sind: Körperhaltung, Gestik, Gesichtsausdruck, Tonfall und der Kontext für die Kommunikation dieser hochgradig abstrakten, aber lebenswichtigen Markierungen.

  2. Humor. Bei diesem scheint es sich um eine Methode zu handeln, die unausgesprochenen Themen im Denken oder in einer Beziehung zu sondieren. Die Methode dieser Sondierung umfasst die Verwendung von Botschaften, deren Kennzeichen eine Zusammenfassung von logischen Typen bzw. Kommunikationsmodi ist. Es ist zum Beispiel eine Entdeckung, wenn plötzlich klar wird, dass eine Botschaft nicht nur metaphorisch gemeint ist, sondern auch wörtlich - oder umgekehrt. Das heißt, das explosive Moment im Humor kommt in jenem Augenblick zur Wirkung, in dem die Markierung der Kommunikationsmodi aufgelöst und zu einer neuen Synthese zusammengesetzt wird. Meistens zwingt der Knalleffekt zu einer Neubewertung früherer Signale, die bestimmten Botschaften einen bestimmten Modus zugeordnet haben (z. B. Wörtlichkeit oder Phantasie). Das hat den eigenartigen Effekt, dass jenen Signalen ein Modus gegeben wird, die vorher den Status der höheren logischen Typen hatten, von denen die Modi klassifiziert werden.

  3. Die Falsifikation der Modusbestimmenden Signale. Bei den Menschen können die Modusbestimmungen falsifiziert werden - wir haben das künstliche Lachen, die manipulierende Vortäuschung von Freundlichkeit, die Bauernfängerei, den Bluff und dergleichen mehr. Ähnliche Falsifikationen sind bei Säugetieren festgestellt worden (3, 13). Bei Menschen begegnet uns das seltsame Phänomen der unbewussten Falsifikation solcher Signale. Das kann innerhalb des Selbst geschehen - etwa wenn das Subjekt im Zeichen metaphorischen Spiels seine eigene reale Feindseligkeit vor sich verheimlicht -, oder indem das Subjekt sein Verständnis der Modus-bestimmenden Signale des anderen unbewusst falsifiziert, Schüchternheit zum Beispiel für Missachtung hält usw. Tatsächlich fallen die meisten Irrtümer des Selbstbezugs unter diese Rubrik.

  4. Lernen. Die einfachste Ebene dieses Phänomens wird von einer Situation illustriert, in der jemand eine Botschaft erhält und ihr entsprechend handelt: »Ich hörte die Uhr schlagen und wusste, es war Zeit zum Mittagessen. So ging ich zu Tisch.« In Lernexperimenten wird die Analogie dieser Abfolge der Ereignisse vom Experimentator beobachtet und im allgemeinen als einzelne Botschaft eines höheren Typus behandelt. Wenn der Hund in der Zeit zwischen einem Summton und dem Angebot von Fleischpulver Speichel absondert, so akzeptiert der Experimentator diese Abfolge als eine Botschaft, die anzeigt, dass »der Hund gelernt hat, der Summton bedeutet Fleischpulver«. Doch ist die Hierarchie der Typen damit noch nicht abgeschlossen. Das Versuchstier mag nämlich geschickter darin werden, zu lernen. Es kann lernen, zu lernen (1, 7, 9), und es ist nicht undenkbar, dass bei Menschen noch höhere Ordnungen des Lernens vorkommen.

  5. Vielfältige Lernebenen und die Bestimmung des logischen Typs von Signalen. Hierbei handelt es sich um zwei untrennbare Gruppen von Phänomenen - untrennbar deshalb, weil die Fähigkeit, die vielfältigen Signaltypen zu handhaben, selbst eine erlernte Fähigkeit und somit eine Funktion der vielfältigen Lernebenen darstellt.

Nach unserer Hypothese ist der Begriff »Ich-Funktion« (wie er verwendet wird, wenn ein Schizophrener als mit einer »schwachen Ich-Funktion« versehen beschrieben wird) haargenau der Prozess der Unterscheidung von Kommunikationsmodi, sei es im Selbst oder zwischen dem Selbst und anderen. Der Schizophrene zeigt Schwäche in drei Bereichen dieser Funktion: (a) Er hat Schwierigkeiten, den Botschaften, die er von anderen empfängt, den richtigen Kommunikationsmodus zuzuordnen. (b) Er hat Schwierigkeiten, jenen Botschaften, die er selber verbal oder nonverbal äußert, den richtigen Kommunikationsmodus zuzuordnen. (c) Er hat Schwierigkeiten, seinen eigenen Gedanken, Empfindungen und Wahrnehmungen den richtigen Kommunikationsmodus zuzuordnen.

An dieser Stelle empfiehlt es sich, das im letzten Absatz Gesagte mit dem zu vergleichen, was E. von Domarus (16) als methodischen Ansatz zur systematischen Darstellung der Ausdrucksweise von Schizophrenen entwickelt hat. Er weist darauf hin, dass die Botschaften (und das Denken) des Schizophrenen in der syllogistischen Struktur abweichen. Anstelle von Strukturen, die sich aus dem Syllogismus Modus Barbara ableiten, verwendet der Schizophrene laut dieser Theorie Strukturen, die Prädikate identifizieren. Ein Beispiel für einen solchen verzerrten Syllogismus ist:

Die Menschen sterben.
Gras stirbt.
Die Menschen sind Gras.

Wie wir es sehen, ist von Domarus' Formulierung jedoch nur eine präzisere - und deshalb wertvolle - Art zu sagen, dass die Ausdrucksweise von Schizophrenen metaphernreich ist. Mit dieser Generalisierung stimmen wir überein. Die Metapher ist aber ein unentbehrliches Werkzeug des Denkens und des Ausdrucks - ein Charakteristikum aller menschlichen Kommunikation, selbst der des Wissenschaftlers. Die Begriffsmodelle der Kybernetiker und die Energietheorien der Psychoanalyse sind im Grunde nichts anderes als markierte Metaphern. Die Eigenart des Schizophrenen besteht nicht darin, dass er Metaphern benutzt, sondern darin, dass er nicht-markierte Metaphern verwendet. Es ist besonders schwierig für ihn, mit Signalen jener Klasse umzugehen, deren Glieder anderen Signalen logische Typen zuordnen.

Wenn unsere formale Zusammenfassung der Symptomatologie richtig ist und wenn die Schizophrenie unserer Hypothese entsprechend im wesentlichen ein Ergebnis der Interaktion in der Familie ist, dann sollte es möglich sein, a priori zu einer formalen Darstellung dieser Erlebnisfolgen zu kommen, die eine solche Symptomatologie induzieren. Was wir aus der Lerntheorie wissen, verbindet sich mit der offenkundigen Tatsache, dass Menschen den Kontext als Anhaltspunkt für die Modusunterscheidung benutzen. Wir haben deshalb nicht nach einem besonderen traumatischen Erlebnis in der Krankheitsgeschichte der Kindheit zu suchen, sondern vielmehr nach charakteristischen Grundmustern solcher Erlebnisfolgen. Die Spezifität, nach der wir suchen, muss auf einer abstrakten bzw. formalen Ebene liegen. Die Abfolgen müssen dadurch gekennzeichnet sein, dass der Patient durch sie die Geistesverfassung erwirbt, die in der Kommunikation des Schizophrenen exemplifiziert wird. Das heißt, er muss in einem Universum leben, in dem die Abfolge der Ereignisse dergestalt ist, dass seine unkonventionellen Kommunikationsgewohnheiten in gewissem Sinne angemessen sind. Die von uns angebotene Hypothese lautet, dass Abfolgen dieser Art in der Außenwelterfahrung des Patienten für die inneren Konflikte in der Bestimmung logischer Typen verantwortlich sind. Für solche unauflösbaren Erlebnisfolgen benutzen wir den Ausdruck double bind3.

 

Das Double Bind

Die notwendigen Bestandteile einer double bind Situation, wie wir sie sehen, sind:

  1. Zwei oder mehr Personen. Eine davon bezeichnen wir zum Zwecke unserer Definition als das »Opfer«. Wir nehmen nicht an, dass das double bind von der Mutter allein erzwungen wird, sondern dass es entweder durch die Mutter allein oder durch ein Zusammenwirken mit dem Vater oder den Geschwistern zustande kommt.

  2. Wiederholte Erfahrung. Wir nehmen an, dass das double bind sich in der Erfahrung des Opfers wiederholt. Unsere Hypothese beschwört keine einzelne traumatische Erfahrung, sondern eine derartig wiederkehrende Erfahrung, dass die Struktur des double bind zu einer habituellen Erwartung wird.

  3. Ein primäres negatives Gebot. Dieses kann zwei Formen haben: entweder (a) »Tu das und das nicht, oder ich bestrafe dich«, oder (b) »Wenn du das und das nicht tust, bestrafe ich dich«. Hier wählen wir einen Lernkontext aus, der stärker auf der Vermeidung von Strafe aufbaut als ein Kontext des Strebens nach Belohnung. Für diese Auswahl gibt es vielleicht keinen formalen Grund. Wir gehen davon aus, dass die Strafe entweder in Liebesentzug oder in der Äußerung von Hass oder Ärger bzw. - am verheerendsten - in jener Art von Verlassenheit besteht, die dem Ausdruck extremer Hilflosigkeit seitens der Eltern entspringt4.

  4. Ein sekundäres Gebot, das mit dem ersten auf einer abstrakteren Ebene in Konflikt gerät und wie das erste durch Strafen oder Signale durchgesetzt wird, die das Leben bedrohen. Dieses sekundäre Gebot ist aus zwei Gründen schwerer zu beschreiben als das primäre. Erstens wird das sekundäre Gebot dem Kind gewöhnlich auf nonverbalem Wege vermittelt. Körperhaltung, Gesten, Stimmlage, sinnvolle Handlungen und die, in der verbalen Mitteilung verborgenen Implikationen lassen sich sämtlich zur Übermittlung dieser abstrakteren Botschaft verwenden. Zweitens kann das sekundäre Gebot gegen ein Element des primären Verbotes verstoßen. Die Verbalisierung des sekundären Gebots kann deshalb einen weiten Spielraum von Formen umfassen, zum Beispiel: »Betrachte das nicht als Strafe«, »Betrachte mich nicht als Strafinstanz«, »Unterwirf dich nicht meinen Verboten«, »Denk nicht an das, was du nicht darfst«, »Zweifle nicht an meiner Liebe, für die das primäre Verbot ein Beispiel ist (oder nicht ist)« usw. Weitere Beispiele werden möglich, wenn das double bind nicht nur von einer Person, sondern von zweien verhängt wird. So kann zum Beispiel ein Elternteil auf einer abstrakteren Ebene die Gebote des anderen Elternteils negieren.

  5. Ein tertiäres negatives Gebot, das dem Opfer untersagt, das Feld zu räumen. Im formalen Sinne braucht man dieses Gebot vielleicht nicht als getrennten Punkt aufzufahren, da die Verstärkung auf den beiden anderen Ebenen lebensbedrohend ist und eine Flucht natürlich unmöglich gemacht wird, wenn die double binds während der Kindheit aufgezwungen werden. Es scheint jedoch, dass die Räumung des Feldes in einigen Fällen durch bestimmte Mittel unmöglich gemacht wird, die nicht völlig negativ sind: unbeständige Liebesversprechen zum Beispiel.

  6. Schließlich ist die komplette Serie von Einzelelementen unnötig geworden, wenn das Opfer gelernt hat, sein Universum in der Schablone des double bind wahrzunehmen. Fast jedes Teil einer double bind Sequenz kann dann ausreichen, um Panik oder Wut auszulösen. Die Struktur der widerstreitenden Gebote kann sogar von halluzinatorischen Stimmen übernommen werden (14).

Der Effekt des Double Bind

In der Religion des Ostens, dem Zen-Buddhismus, ist Erleuchtung das angestrebte Ziel. Der Meister des Zen versucht auf verschiedene Weise, in seinem Schüler Erleuchtung zustande zu bringen. Zu dem, was er tut, gehört, dass er dem Schüler einen Stock über den Kopf hält und grimmig sagt: »Wenn du sagst, dieser Stock sei wirklich, werde ich dich damit schlagen. Wenn du sagst, dieser Stock sei nicht wirklich, werde ich dich damit schlagen. Wenn du nichts sagst, werde ich dich damit schlagen.« Wir meinen, dass der Schizophrene sich ständig in der gleichen Situation befindet wie dieser Schüler, nur dass er eher so etwas wie Desorientierung erlangt statt Erleuchtung. Der Zen-Schüler kann den Stock über ihm ergreifen und ihn seinem Meister wegnehmen, der diese Antwort vielleicht akzeptiert, aber der Schizophrene hat keine derartige Wahl, da es bei ihm keine Unbesorgtheit hinsichtlich der Beziehung gibt und die Absichten sowie die Bewusstseinslage seiner Mutter anders sind als bei dem Zen-Meister.

Wir gehen davon aus, dass die Fähigkeit jedes Individuums, zwischen logischen Typen zu unterscheiden, zusammenbricht, sobald es in eine Situation des double bind gerät. Die allgemeinen Merkmale dieser Situation sind folgende:

  1. Das Individuum ist in eine intensive Beziehung verstrickt; das heißt, in eine Beziehung, in der es ihm als lebenswichtig erscheint, ganz genau zu unterscheiden, welche Art von Botschaft ihm übermittelt wird, damit es entsprechend reagieren kann.

  2. Das Individuum ist in einer Situation gefangen, in der die andere Person in der Beziehung zwei Arten von Botschaft ausdrückt, von denen die eine die andere aufhebt.

  3. Und das Individuum ist nicht in der Lage, sich mit den geäußerten Botschaften kritisch auseinander zu setzen, um seine Entscheidung, auf welche Botschaft es reagieren soll, zu korrigieren, d. h. es kann keine metakommunikative Feststellung treffen.

Wir haben darauf hingewiesen, dass dies die Art von Situation ist, die zwischen dem Präschizophrenen und seiner Mutter besteht, doch tritt sie auch in normalen Beziehungen auf. Wenn jemand in einer double bind Situation gefangen ist, so wird er defensiv in einer Art reagieren, die dem des Schizophrenen ähnelt. Ein Individuum wird eine metaphorische Feststellung wörtlich nehmen, wenn es in einer Situation ist, in der es angesichts widersprüchlicher Botschaften reagieren muss und nicht in der Lage ist, sich mit den Widersprüchen auseinander zu setzen. So ging zum Beispiel ein Angestellter eines Tages während der Arbeitszeit nach Hause; ein Kollege rief ihn an und sagte obenhin: »Nanu, wie sind Sie dahin gekommen?« Und der Angestellte erwiderte: »Mit dem Auto«. Er reagierte wörtlich, weil er mit einer Botschaft konfrontiert wurde, die ihn fragte, was er zu einer Zeit zu Hause mache, in der er im Büro sein sollte, die aber zugleich mit der Art, in der sie gestellt wurde, diese Frage dementierte. (Da der Frager spürte, dass es ihn eigentlich nichts anging, drückte er sich metaphorisch aus.) Die Beziehung war intensiv genug, das Opfer zweifeln zu lassen, wie die Information verwendet wurde, und so nahm es sie in seiner Antwort wörtlich. Das ist typisch für jemand, der sich »in die Enge getrieben« fühlt, wofür die streng wörtlichen Antworten eines Zeugen vor Gericht Beispiele liefern. Der Schizophrene fühlt sich ständig so schrecklich in die Enge getrieben, dass er ganz automatisch mit einem defensiven Festhalten an der wörtlichen Ebene reagiert, auch wenn das ganz unpassend ist, etwa wenn jemand einen Scherz macht.

Schizophrene bringen auch in ihrer eigenen Ausdrucksweise die wörtliche und die metaphorische Ebene durcheinander, wenn sie sich in einem double bind gefangen fühlen. So möchte ein Patient vielleicht seinen Therapeuten kritisieren, weil dieser sich verspätet hat, ist sich aber nicht sicher, was für eine Art von Botschaft dieser Akt des Zuspätkommens beinhaltet - besonders dann, wenn der Therapeut der Reaktion des Patienten zuvorgekommen ist und sich entschuldigt hat. Der Patient kann nicht sagen: »Warum kommen Sie zu spät? Vielleicht deshalb, weil Sie mich heute nicht sehen wollen?« Das wäre eine Beschuldigung, und so verlegt er sich auf eine metaphorische Feststellung, indem er vielleicht sagt: »Ich hab mal einen Burschen gekannt, der seinen Dampfer verpasste, er hieß Sam, und der Dampfer wäre fast gesunken... usw.« Damit entwickelt er eine metaphorische Geschichte, und dem Therapeuten steht es nun frei, einen Kommentar zu seinem Zuspätkommen darin zu erblicken oder nicht. Eine Metapher hat den Vorteil, dass sie es dem Therapeuten (bzw. der Mutter) überlässt, in der Äußerung eine Beschuldigung zu erblicken, wenn er mag, oder sie zu überhören. Wenn der Therapeut die Beschuldigung in der Metapher akzeptiert, dann kann der Patient seine Äußerung über Sam als metaphorisch akzeptieren. Weist der Therapeut darauf hin, dass die Äußerung über Sam unglaubwürdig klingt, um damit die Beschuldigung in der Geschichte zu umgehen, so kann der Patient einwenden, dass es tatsächlich einen Mann namens Sam gegeben hat. Als Reaktion auf die double bind Situation erbringt der Übergang zu einer metaphorischen Feststellung Sicherheit. Allerdings hindert er den Patienten auch daran, die Beschuldigung vorzubringen, die er zu machen wünscht. Statt jedoch seine Beschuldigung zu übermitteln, indem er anzeigt, dass es sich um eine Metapher handelt, scheint der schizophrene Patient zu versuchen, die Tatsache zu vermitteln, dass es sich um eine Metapher handelt, indem er sie noch mehr ins Phantastische erhebt. Sollte der Therapeut die Beschuldigung in der Geschichte über Sam ignorieren, so wird der Schizophrene vielleicht eine Geschichte von einem Raumschiff erzählen, das zum Mars fliegt, um seine Beschuldigung anzubringen. Der Hinweis darauf, dass es sich um eine metaphorische Äußerung handelt, liegt in der phantastischen Aufmachung der Metapher, nicht in den Signalen, die gewöhnlich Metaphern begleiten, um dem Zuhörer erkenntlich zu machen, dass es sich um eine Metapher handelt.

Für das Opfer eines double bind ist es nicht nur sicherer, auf eine metaphorische Art von Botschaft auszuweichen, es ist in einer unmöglichen Situation auch besser, sich zu verstellen und zu jemand anderem zu machen oder sich zu verstellen und zu behaupten, anderswo zu sein. Dann verliert das double bind seine Wirkung auf das Opfer, weil es nicht es selbst und außerdem an einem anderen Ort ist. Mit anderen Worten, die Äußerungen, mit denen der Patient seine Desorientiertheit anzeigt, lassen sich als Mittel der Verteidigung gegen die Situation deuten, in der er sich befindet. Pathologisch wird dieses Verhalten, wenn das Opfer selbst nicht weiß, dass seine Antworten metaphorisch sind, oder das nicht sagen kann. Um zu erkennen, dass er sich metaphorisch ausgedruckt hat, müsste er sich bewusst sein, dass er sich verteidigte und somit vor dem anderen Angst hatte. Eine solche Bewusstheit wäre für ihn jedoch eine Anklage der anderen Person und würde somit eine Katastrophe auslösen.

Hat jemand sein Leben in einer double bind Beziehung verbracht, wie sie hier beschrieben wird, so werden seine Beziehungen zu anderen Menschen nach einem psychotischen Zusammenbruch ein bestimmtes Muster zeigen. Zunächst einmal wird er nicht mit normalen Menschen jene Signale teilen, die Botschaften zu begleiten pflegen, um anzuzeigen, was jemand meint. Sein System der Metakommunikation - Kommunikationen über die Kommunikation - ist zusammengebrochen, und er weiß nicht, um welche Art von Botschaft es sich bei einer Botschaft handelt. Wenn jemand ihm sagt: »Was möchten Sie heute gern tun?«, so ist er unfähig, durch den Kontext, durch den Ton, der angeschlagen wird, oder durch die Gestik des anderen genau zu beurteilen, ob er wegen dem, was er gestern getan hat, verurteilt wird, ob man ihn zu einer sexuellen Handlung einlädt, oder was überhaupt gemeint ist. Angesichts dieser Unfähigkeit, genau zu beurteilen, was ein anderer wirklich meint, und einer übertriebenen Besorgtheit um das, was tatsächlich gemeint ist, kann dieser Mensch sich schützen, indem er eine oder auch mehrere aus einer Reihe von Alternativen wählt. Er kann zum Beispiel annehmen, dass hinter jeder Äußerung eine Bedeutung verborgen ist, die ihm zum Schaden gereicht. Er wird dann ein übertriebenes Interesse an verborgenen Bedeutungen zeigen und entschlossen sein zu demonstrieren, dass man ihn nicht täuschen kann - so wie man ihn sein ganzes Leben getäuscht hat. Greift er zu dieser Alternative, so wird er ständig hinter dem, was die Leute sagen, und hinter zufälligen Vorkommnissen in seiner Umgebung nach Bedeutungen suchen und ausgesprochen misstrauisch und trotzig sein.

Vielleicht wählt er auch eine andere Alternative und neigt dazu, alles wörtlich zu nehmen, was andere ihm sagen; widersprechen sie in Ton, Gestik oder Kontext dem, was sie sagen, so wird er sich lachend über diese metakommunikativen Signale hinwegsetzen. Er wird es aufgeben, den Versuch zu machen, zwischen verschiedenen Ebenen der Botschaft zu unterscheiden, und alle Botschaften behandeln, als wären sie unwichtig oder zum Lachen.

Wenn er nicht misstrauisch gegen metakommunikative Botschaften geworden ist oder nicht versucht, sie mit Lachen abzutun, wird er vielleicht den Versuch machen, sie zu ignorieren. Dann wird er es für nötig halten, immer weniger von dem zu hören und zu sehen, was um ihn herum vor sich geht, und sein Äußerstes tun, seine Umgebung zu keiner Reaktion zu veranlassen. Er wird versuchen, sein Interesse von der Außenwelt abzuziehen und sich auf die Vorgänge in seinem Inneren zu konzentrieren, was ihm dann den Anschein eines in sich zurückgezogenen, vielleicht auch schweigsamen Menschen gibt.

Mit anderen Worten: Wenn jemand nicht weiß, welcher Art von Botschaft er sich gegenübersieht, mag er sich auf eine Weise schützen, die als paranoid, hebephren oder katatonisch beschrieben worden ist. Diese drei Alternativen sind nicht die einzigen. Der springende Punkt ist, dass er nicht die eine Alternative wählen kann, die ihm dazu verhelfen würde, das, was die Leute meinen, zu entschlüsseln; ohne beträchtliche Hilfe kann er die Botschaften anderer nicht erwidern. Angesichts dieser Unfähigkeit verhält sich der Mensch wie jedes Selbstregelungssystem, das seinen Regler verloren hat; es dreht sich in endlosen, aber stets systemgebundenen Spiralen der Verzerrung.

 

Eine Darstellung der Familiensituation

Die theoretische Möglichkeit von double bind Situationen hat uns angeregt, beim schizophrenen Patienten und in seiner Familiensituation nach solchen Kommunikationsabläufen zu suchen. Zu diesem Zweck haben wir die schriftlichen und mündlichen Berichte von Psychotherapeuten studiert, die mit derartigen Patienten intensiv therapeutisch gearbeitet haben; wir haben Tonbandaufnahmen von psychotherapeutischen Interviews, sowohl mit unseren eigenen Patienten wie mit anderen, untersucht; wir haben Eltern von Schizophrenen interviewt und die Besprechungen auf Band aufgenommen; zwei Mütter und ein Vater haben sich bei uns einer intensiven Psychotherapie unterzogen; und wir haben Eltern und Patienten zusammen interviewt und die Interviews auf Band aufgenommen.

Auf der Grundlage dieses Materials haben wir eine Hypothese über die Familiensituation entwickelt, die einen Menschen schließlich dazu bringt, an Schizophrenie zu erkranken. Diese Hypothese ist statistisch nicht überprüft; sie greift eine relativ einfache Gruppe von Interaktionsphänomenen heraus und hebt sie hervor; und sie macht nicht den Versuch, die außerordentliche Kompliziertheit einer Familienbeziehung umfassend darzustellen.

Nach unserer Hypothese weist die Familiensituation des Schizophrenen folgende allgemeinen Merkmale auf:

  1. Ein Kind, dessen Mutter Angst bekommt und sich zurückzieht, sobald es auf sie reagiert wie auf eine liebende Mutter. Das heißt, die bloße Existenz des Kindes hat für die Mutter eine spezielle Bedeutung, die in ihr Angst und Feindseligkeit erregt, sobald die Gefahr besteht, dass sie mit dem Kind in innigen Kontakt gerät.

  2. Eine Mutter, die ihr Gefühl der Angst und Feindseligkeit gegenüber dem Kind nicht akzeptieren kann und es deshalb verleugnet, indem sie ein liebevolles Verhalten an den Tag legt, um das Kind zu veranlassen, in ihr die liebevolle Mutter zu sehen, und um sich zurückzuziehen, wenn das Kind das nicht tut. »Liebevolles Verhalten« impliziert nicht unbedingt Zuneigung; es kann zum Beispiel Teil eines Bemühens sein, das Richtige zu tun, »Güte« einzuflößen usw.

  3. Das Fehlen von jemand in der Familie, z. B. eines starken und einsichtigen Vaters, der sich in die Beziehung zwischen Mutter und Kind einmischen und das Kind angesichts der aufgetretenen Widersprüche unterstützen kann.

Da es sich hier um eine formale Darstellung handelt, können wir auf die Frage, weshalb die Mutter solche Gefühle dem Kind gegenüber hat, nicht besonders eingehen, doch möchten wir darauf hinweisen, dass es verschiedene Gründe dafür geben kann. So kann die bloße Tatsache, ein Kind zu haben, in ihr Angst vor sich selbst und ihren Beziehungen in der eigenen Familie erwecken; oder es ist von Bedeutung für sie, dass das Kind ein Junge oder ein Mädchen ist, dass es am Geburtstag eines ihrer Geschwister zur Welt kam (8), dass es in der Geschwisterfolge der Familie die gleiche Position einnimmt, die sie innehatte, oder dass es aus anderen Gründen in Bezug auf ihre eigenen emotionalen Probleme eine Sonderstellung einnimmt.

Angesichts einer Situation mit diesen Merkmalen wird die Mutter eines Schizophrenen nach unserer Hypothese mindestens zwei Arten von Botschaft zugleich ausdrucken. (Um die Darstellung nicht zu komplizieren, werden wir uns auf zwei Arten beschränken.) Diese Botschaftsarten lassen sich grob charakterisieren als (a) feindseliges Verhalten oder Rückzug, wann immer das Kind sich ihr nähert, und (b) simulierte Liebe oder Annäherung, wann immer das Kind auf ihr feindseliges Verhalten oder ihren Rückzug reagiert, womit sie ihren Rückzug verleugnet. Ihr Problem ist, ihre Angst unter Kontrolle zu halten, indem sie Nähe und Distanz zwischen sich und dem Kind kontrolliert. Anders ausgedrückt: sobald die Mutter anfängt, dem Kind gegenüber Zuneigung und sich ihm nahe zu fühlen, fühlt sie sich gefährdet und muss sich von ihm zurückziehen; doch kann sie diesen feindseligen Akt nicht akzeptieren, und um ihn zu verleugnen, muss sie Zuneigung und Nähe simulieren. Wichtig ist hier, dass ihr liebevolles Verhalten ihr feindseliges kommentiert (da es dessen Kompensation darstellt) und folglich einer anderen Art von Botschaft angehört als das feindselige Verhalten - es ist eine Botschaft über einen Ablauf von Botschaften. Durch seine Beschaffenheit verleugnet es jedoch die Existenz solcher Botschaften, über die es eine Botschaft darstellt: den feindseligen Rückzug.

Die Mutter bedient sich der Reaktionen des Kindes, um sich zu bestätigen, dass ihr Verhalten liebevoll ist, und da das liebevolle Verhalten simuliert ist, wird das Kind in eine Lage gedrängt, in der es ihre Kommunikation nicht genau interpretieren darf, will es die Beziehung mit ihr aufrechterhalten. Mit anderen Worten, es darf nicht genau zwischen den Arten der Botschaft unterscheiden, in diesem Fall zwischen dem Ausdruck simulierter Gefühle (dem einen logischen Typ) und wirklichen Gefühlen (einem anderen logischen Typ). Die Folge ist, dass das Kind seine Wahrnehmung metakommunikativer Signale systematisch verzerren muss. So kann es zum Beispiel sein, dass die Mutter, wenn sie gegenüber dem Kind feindselige (oder zärtliche) Gefühle empfindet und sich zugleich gezwungen fühlt, sich von ihm zurückzuziehen, ihm sagt: »Geh zu Bett, du bist ganz müde, und ich möchte, dass du deinen Schlaf kriegst.« Mit dieser offenbar liebevollen Äußerung will sie einem Gefühl entgegentreten, das man etwa so in Worte fassen kann: »Geh mir aus den Augen, ich hab dich satt.« Würde das Kind ihre metakommunikativen Signale richtig unterscheiden, so stünde es vor der Tatsache, dass sie es erstens nicht will und es zweitens mit ihrem liebevollen Verhalten täuscht. Es würde dafür »bestraft« werden, dass es Arten von Botschaften in ihren Bedeutungen richtig zu unterscheiden weiß. Das Kind wird daher dazu neigen, eher die Vorstellung zu akzeptieren, dass es müde ist, als das Täuschungsmanöver seiner Mutter zu erkennen. Das heißt, es muss sich selbst über seine innere Verfassung hinwegtäuschen, um die Mutter bei ihrem Täuschungsmanöver zu unterstützen. Um mit ihr zu Überleben, muss es ebenso seine eigenen inneren Botschaften falsch charakterisieren, wie es die Botschaften anderer falsch charakterisieren muss.

Das Problem verdichtet sich noch für das Kind, da die Mutter ja »gütig« seine Gefühle definiert; was sie äußert, ist eine offenkundige mütterliche Besorgtheit über die Tatsache, dass es müde ist. Anders gesagt: die Mutter kontrolliert die Definitionen, die das Kind seinen eigenen Botschaften gibt, ebenso wie die Definition seiner Reaktionen auf sie (indem sie, wenn es sie kritisiert, z. B. sagt: »Das meinst du ja gar nicht wirklich so«), wobei sie geltend macht, dass es ihr einzig um das Kind geht, nicht um sich. Für das Kind ist es daher am bequemsten, das simulierte Liebesverhalten seiner Mutter als real zu akzeptieren, wobei sein Verlangen, sich das Geschehen verständlich zu machen, geschwächt wird. Die Folge ist jedoch, dass die Mutter sich von ihm zurückzieht und diesen Rückzug im Sinne einer liebevollen Beziehung definiert, wie sie sein sollte.

Das simulierte Liebesverhalten der Mutter als real zu akzeptieren, ist für das Kind allerdings auch keine Lösung. Trifft es diese falsche Entscheidung, dann nähert es sich ihr; dieser Schritt zur Intimität löst in ihr Gefühle der Angst und Hilflosigkeit aus und zwingt sie dazu, sich zurückzuziehen. Zieht sich dann aber das Kind von ihr zurück, so nimmt sie diesen Rückzug als Erklärung, dass sie sich nicht wie eine liebevolle Mutter verhalten hat, und bestraft es entweder für seinen Rückzug oder nähert sich ihm, um es unter ihre Fittiche zu bringen. Nähert sich ihr daraufhin wieder das Kind, so beantwortet sie das damit, dass sie es auf Distanz hält. Das Kind wird also bestraft, wenn es genau unterscheidet, was sie ausdrückt, und es wird bestraft, wenn es das nicht tut - es ist gefangen in einem double bind, in einer »Beziehungsfalle«.

Das Kind wird verschiedene Versuche machen, dieser Situation zu entrinnen. Es wird vielleicht Anlehnung an seinen Vater oder ein anderes Mitglied der Familie suchen. Aufgrund unserer vorläufigen Beobachtungen halten wir es jedoch für wahrscheinlich, dass die Väter von Schizophrenen nicht stark genug sind, dem Kind diese Möglichkeit der Anlehnung zu bieten. Auch sie befinden sich in einer misslichen Lage: Würden sie dem Kind in Bezug auf die Täuschungsmanöver der Mutter recht geben, dann müssten sie die Art ihrer eigenen Beziehung zur Mutter erkennen, was sie nicht tun könnten, ohne ihre Ergebenheit in den Modus operandi, den sie zustande gebracht haben, aufzugeben.

Das Bedürfnis der Mutter, gebraucht und geliebt zu werden, hält das Kind außerdem davon ab, bei irgendeiner anderen Person in seiner Umgebung, einem Lehrer zum Beispiel, Unterstützung zu suchen. Eine Mutter mit diesen Charaktereigenschaften würde sich durch eine Zuneigung des Kindes zu jeder anderen Person bedroht fühlen, würde ihr ein Ende bereiten und das Kind enger an sich binden, was wiederum zur Folge hätte, dass sie Angst bekäme, wenn das Kind von ihr abhängig würde.

Die einzige Weise, auf die das Kind wirklich der Situation entrinnen kann, ist, dass es die widersprüchliche Lage kritisiert, in die es von der Mutter gebracht worden ist. Wenn es das jedoch täte, würde die Mutter das als Vorwurf auffassen, sie sei lieblos, und darauf reagieren, indem sie das Kind sowohl bestraft als auch darauf besteht, dass seine Wahrnehmung der Situation verzerrt ist. Indem sie das Kind davon abhält, über die Situation zu reden, verbietet sie ihm, die metakommunikative Ebene zu benutzen - jene Ebene, die wir benutzen, um unsere Wahrnehmung des kommunikativen Verhaltens zu korrigieren. Die Fähigkeit, über Kommunikation zu kommunizieren, sich mit den eigenen sinnhaften Handlungen und denen der anderen auseinander zu setzen, ist wesentlich für einen geglückten sozialen Verkehr. In jeder normalen Beziehung findet ein ständiger Austausch metakommunikativer Botschaften statt: »Was hast du gemeint? «, »Warum hast du das getan?«, »Nimmst du mich auf den Arm?« und so weiter. Um das, was andere äußern, richtig einordnen zu können, müssen wir in der Lage sein, ihre Äußerung direkt oder indirekt zu kommentieren. Der Schizophrene scheint unfähig zu sein, diese metakommunikative Ebene mit Erfolg zu benutzen (2). Angesichts der geschilderten Eigenschaften der Mutter liegt der Grund dafür auf der Hand. Verleugnet sie eine Art von Botschaft, dann wird sie durch jede Äußerung über ihre Äußerungen gefährdet und muss sie verbieten. So wächst das Kind auf, ohne die Fähigkeit zu entwickeln, über Kommunikation zu kommunizieren, und hat folglich keine Übung darin, das, was andere wirklich meinen, zu bestimmen, und das, was es selbst wirklich meint, auszudrücken, was wesentlich ist für normale Beziehungen.

Zusammenfassend können wir also sagen, dass die double bind Natur der Familiensituation eines Schizophrenen das Kind in eine Lage bringt, in der es, wenn es auf die simulierte Zuneigung seiner Mutter reagiert, in ihr Angst auslöst, so dass sie es bestraft (oder, um sich selbst zu schützen, behauptet, seine Annäherungsversuche seien simuliert, und es somit hinsichtlich des Wesens seiner eigenen Botschaften in Verwirrung stürzt), um sich davor zu schützen, dass es ihr nahe kommt. Damit wird das Kind an intimen und Sicherheit bietenden Kontakten mit der Mutter gehindert. Macht das Kind jedoch keinen Versuch, ihre Zuneigung zu gewinnen, so hat sie das Gefühl, sie sei keine liebevolle Mutter, und ihre Angst meldet sich. Sie wird das Kind daher entweder für seinen Rückzug strafen oder Annäherungsversuche unternehmen, um darauf zu dringen, dass es seine Liebe zu ihr zeigt. Wenn es darauf reagiert und ihr Zuneigung zeigt, so wird sie sich nicht nur erneut in Gefahr fühlen, sondern vielleicht auch übel nehmen, dass sie es zu dieser Reaktion zwingen musste. In einer Beziehung, die höchst bedeutend für sein Leben und Modell für alle anderen Beziehungen ist, wird das Kind auf jeden Fall bestraft, ob es nun Liebe und Zuneigung zeigt oder nicht. Die Wege zur Flucht aus der Situation wie etwa die Erlangung von Unterstützung durch andere sind ihm abgeschnitten. Darin besteht der Grundcharakter der double bind Beziehung zwischen Mutter und Kind. In dieser Darstellung ist natürlich nicht die kompliziertere, in sich gegliederte »Gestalt« erfasst, welche die »Familie« ausmacht, in der die »Mutter« ein wichtiges Element bildet (11, 12).

 

Beispiele aus der klinischen Praxis

Die Analyse eines Vorfalls, der sich zwischen einem schizophrenen Patienten und seiner Mutter abspielte, illustriert die double bind Situation. Ein junger Mann, der sich von einem akuten schizophrenen Schub ziemlich gut erholt hatte, erhielt im Hospital Besuch von seiner Mutter. Er freute sich, sie zu sehen, und legte ihr impulsiv seinen Arm um die Schulter, worauf sie erstarrte. Er zog seinen Arm zurück, und sie fragte: »Liebst du mich nicht mehr?« Er wurde rot, und sie sagte »Lieber, du musst nicht so leicht verlegen werden und Angst vor deinen Gefühlen haben.« Der Patient war danach nicht in der Lage, länger als ein paar Minuten mit ihr zu verbringen, und nachdem sie weggegangen war, griff er einen Assistenten an und wurde ins Bad gesteckt.

Es liegt auf der Hand, dass dieser Ausgang vermieden worden wäre, hätte der junge Mann sagen können: »Mutter, es ist klar, dass du dich unbehaglich fühlst, wenn ich meinen Arm um dich lege, und dass es dir schwer fällt, eine zärtliche Geste von mir zu akzeptieren.« Dem schizophrenen Patienten steht diese Möglichkeit jedoch nicht offen. Seine starke Abhängigkeit und Dressur hindern ihn daran, sich über das Kommunikationsverhalten seiner Mutter kritisch zu äußern, obwohl sie sich doch über das seine äußert und ihn zwingt, den komplizierten Ablauf zu akzeptieren und zu versuchen, sich damit zu befassen. Die Komplikationen für den Patienten sind folgende:

  1. Die Mutter bemäntelt ihre Reaktion, die zärtliche Geste des Sohnes nicht zu akzeptieren, meisterhaft, indem sie seinen Rückzug tadelt, und der Patient verleugnet seine Wahrnehmung der Situation, indem er ihren Tadel akzeptiert.

  2. Die Bemerkung »Liebst du mich nicht mehr?« scheint in diesem Zusammenhang zu besagen: a) »Ich bin liebenswert.« b) »Du solltest mich lieben, und wenn du das nicht tust, bist du schlecht oder im Unrecht.« c) »Du hast mich zwar bisher geliebt, aber jetzt tust du es nicht mehr«, womit die Aufmerksamkeit verlagert wird von seinem Ausdruck der Zärtlichkeit auf seine Unfähigkeit, zärtlich zu sein. Da der Patient sie auch gehasst hat, befindet sie sich hier auf festem Boden, und er reagiert mit entsprechenden Schuldgefühlen, die sie nun attackiert. d) »Was du gerade geäußert hast, war keine Zärtlichkeit«, und damit der Patient diese Feststellung akzeptieren kann, muss er verleugnen, was seine Mutter und die Kultur ihn darüber gelehrt haben, wie man Zärtlichkeit ausdrückt. Ebenso muss er rückblickend die Momente mit ihr und mit anderen in Frage stellen, in denen er geglaubt hatte, Zuneigung zu erfahren, und sie die Situation zu behandeln schienen, als würde er das tatsächlich. Er erlebt hier Phänomene eines Verlusts an Bestätigung und wird von Zweifeln befallen hinsichtlich der Zuverlässigkeit seiner vergangenen Erfahrung.

  3. Die Bemerkung »Du musst nicht so leicht verlegen werden und Angst vor deinen Gefühlen haben« besagt wohl: a) »Du bist anders als ich und anders als andere nette oder normale Menschen, denn wir äußern unsere Gefühle.« b) »Die Gefühle, die du ausdrückst, sind in Ordnung, nur kannst du sie nicht akzeptieren.« Hätte ihre Erstattung jedoch angezeigt: »diese Gefühle sind unangenehm«, so wäre dem jungen damit gesagt worden, er solle sich nicht durch unangenehme Gefühle verlegen machen lassen. Da er lange darin gedrillt worden ist, was für sie und die Gesellschaft akzeptabel ist und was nicht, kommt er wiederum mit der Vergangenheit in Konflikt. Fürchtete er sich nicht vor seinen Gefühlen (von denen die Mutter sagt, dass sie gut sind), so brauchte er sich nicht vor seiner Zuneigung zu fürchten und würde dann bemerken, dass sie es ist, die Angst hat, doch darf er das nicht merken, weil ihr ganzes Auftreten darauf gerichtet ist, diese Unzulänglichkeit in ihr selbst zu überdecken.

Das unerträgliche Dilemma sieht damit so aus: »Wenn ich die Bindung zu meiner Mutter behalten will, darf ich ihr nicht zeigen, dass ich sie liebe, aber wenn ich ihr nicht zeige, dass ich sie liebe, werde ich sie verlieren.«

Welchen Wert die Mutter auf ihre spezielle Methode der Kontrolle legt, wird schlagend illustriert von der interfamiliären Situation einer jungen Schizophrenen, die den Therapeuten bei ihrer ersten Begegnung mit der Bemerkung begrüßte: »Mutter musste heiraten, und nun bin ich hier.« Diese Feststellung bedeutete für den Therapeuten:

  1. Die Patientin kam nach einer außerehelichen Schwangerschaft zur Welt.

  2. Diese Tatsache stand (nach ihrer Meinung) in Zusammenhang mit ihrer akuten Psychose.

  3. »Hier« bezog sich auf das Behandlungszimmer des Psychiaters sowie auf ihre irdische Existenz, für die sie ihrer Mutter ewigen Dank schuldete, und zwar vor allem deshalb, weil ihre Mutter gesündigt und gelitten hatte, um sie auf die Welt zu bringen.

  4. »Musste heiraten«: damit war die überstürzte Heirat ihrer Mutter gemeint sowie deren Reaktion auf den Zwang, heiraten zu müssen, und dementsprechend, dass sie wegen dieser Zwangslage verdrossen war und die Patientin dafür verantwortlich machte.

Tatsächlich haben sich all diese Annahmen im Folgenden als faktisch richtig erwiesen, und die Mutter bestätigte sie während eines vorzeitig abgebrochenen Versuchs, sich einer Psychotherapie zu unterziehen. Die Mitteilungen der Mutter an die Patientin schienen im wesentlichen den Tenor zu haben: »Ich bin liebenswert, liebevoll und mit mir selbst zufrieden. Du bist liebenswert, wenn du bist wie ich und tust, was ich dir sage.« Zugleich bedeutete die Mutter der Tochter in Wort und Verhalten: »Du bist kränklich, unintelligent und anders als ich ("nicht normal"). Du brauchst mich, und mich allein, wegen dieser Benachteiligungen, und ich will mich deiner annehmen und dich lieben.« Das Leben der Patientin war somit eine Reihe von ersten Anfängen, von Versuchen des Erlebens, die alle fehlschlugen und sie aufgrund der zwischen ihr und der Mutter bestehenden Kollusion ans Schürzenband der Mutter zurücktrieben.

In der parallel laufenden Therapie der Mutter stellte sich heraus, dass für ihre Selbsteinschätzung bestimmte Bereiche wichtig waren, die für die Patientin besonders konfliktreiche Situationen darstellten. Zum Beispiel bräuchte die Mutter die Fiktion, dass sie ihrer Familie nahe stand und zwischen ihr und ihrer eigenen Mutter eine tiefe Liebe herrschte. Mittels Analogie diente die Beziehung zur Großmutter als Prototyp für die Beziehung der Mutter zu ihrer eigenen Tochter. Bei einer Gelegenheit warf die Großmutter, als die Tochter sieben oder acht Jahre alt war, in einem Wutanfall ein Messer nach dem kleinen Mädchen, das dieses nur um Haaresbreite verfehlte. Die Mutter sagte zur Großmutter nichts, sondern trieb das kleine Mädchen mit den Worten aus dem Zimmer: »Oma liebt dich wirklich.« Es ist bezeichnend, dass die Großmutter gegenüber der Patientin die Einstellung hatte, sie stünde nicht genügend unter Aufsicht, und mit ihrer Tochter zu schimpfen pflegte, weil sie dem Kind gegenüber zu nachgiebig sei. Die Großmutter lebte im Haus, als die Patientin einen ihrer psychotischen Schübe hatte, und es machte dem Mädchen großen Spaß, verschiedene Gegenstände nach Mutter und Großmutter zu werfen, während diese voller Angst in Deckung gingen.

Die Mutter hatte sich als Mädchen sehr attraktiv gefühlt, und sie war der Meinung, dass die Tochter ihr ziemlich ähnelte; und wenn diese sie auch mit leiser Anerkennung tadelte, so war dochklar, dass sie das Gefühl hatte, die Tochter würde ihr entschieden nachkommen. Eine der ersten Handlungen, welche die Tochter während eines psychotischen Schubs beging, war die, dass sie ihrer Mutter verkündete, sie werde ihr Haar abschneiden. Sie führte ihr Vorhaben aus, indes die Mutter sie anflehte, doch damit aufzuhören. Anschließend ging die Mutter her und zeigte den Leuten ein Mädchenbild von sich selbst, um ihnen zu erklären, wie die Patientin aussehen würde, hätte sie nur ihr schönes Haar.

Ohne sich der Bedeutung dessen, was sie tat, bewusst zu sein, setzte die Mutter die Krankheit ihrer Tochter damit gleich, dass sie nicht ganz gescheit sei und irgendeinen organischen Hirnfehler habe. Dem stellte sie ständig Ihre eigene Intelligenz gegenüber, für die ihre eigenen Schulzeugnisse ein Beweis seien. Sie bevormundete ihre Tochter völlig und behandelte sie auf eine besänftigende Weise, die unaufrichtig war. Zum Beispiel versprach sie ihr im Beisein des Psychiaters, sie werde keine weiteren Schockbehandlungen mehr zulassen, und fragte den Arzt, kaum dass das Mädchen den Raum verlassen hatte, ob er es nicht für besser halte, sie zu hospitalisieren und mit Elektroschock zu behandeln. Ein Schlüssel für dieses betrügerische Verhalten fand sich in der Therapie der Mutter. Sie hatte, obwohl die Tochter bereits dreimal hospitalisiert gewesen war, den Ärzten gegenüber nichts davon gesagt, dass sie selbst einen psychotischen Schub gehabt hatte, als sie ihre Schwangerschaft entdeckte. Von ihrer Familie war sie eilends in ein kleines Sanatorium in einer Nachbarstadt gesteckt worden, wo man sie nach eigener Angabe sechs Wochen auf einem Bett festgeschnallt hielt. In dieser Zeit hatte sie von ihrer Familie keinen Besuch erhalten, und außer ihren Eltern und ihrer Schwester hatte niemand gewusst, dass sie im Krankenhaus war.

Zweimal in ihrer Therapie zeigte die Mutter eine starke Gefühlsbewegung: einmal, als sie von ihrem eigenen psychotischen Erlebnis erzählte, das andere mal bei ihrem letzten Besuch, als sie den Therapeuten beschuldigte, sie verrückt machen zu wollen, indem er sie zwinge, zwischen ihrer Tochter und ihrem Mann zu wählen. Entgegen dem ärztlichen Rat nahm sie ihre Tochter aus der Therapie.

Der Vater war an den homöostatischen Aspekten der intrafamiliären Situation ebenso beteiligt wie die Mutter. Zum Beispiel behauptete er, er habe seine Stellung als bedeutender Anwalt aufgeben müssen, um seine Tochter in eine Gegend zu bringen, in der er ihr kompetente psychiatrische Hilfe zuteil werden lassen konnte. Der Therapeut brachte schließlich, gewitzigt durch Andeutungen der Patientin (die häufig von einer Person namens »Nervöser Ned« sprach), aus ihm heraus, dass er seine Arbeit gehasst und seit Jahren versucht hatte, sie loszuwerden. Der Tochter wurde jedoch weisgemacht, der Umzug sei ihretwegen erfolgt.

Aufgrund der Prüfung des klinischen Materials drängten sich uns eine Reihe von Beobachtungen auf, darunter diese:

  1. Die Hilflosigkeit, Angst, Erbitterung und Wut, die eine double bind Situation im Patienten auslöst, über welche die Mutter aber gelassen und verständnislos hinweggeht. Wir haben beim Vater Reaktionen festgestellt, mit denen er entweder double bind Situationen erzeugt oder die von der Mutter geschaffenen vergrößert und verstärkt, und wir haben den Vater erlebt, wie er passiv und beleidigt, aber hilflos das Opfer eines entsprechenden Verhaltens beim Patienten wird.

  2. Die Psychose scheint zum Teil ein Versuch zu sein, mit double bind Situationen fertig zu werden, ihren hemmenden und lähmenden Effekt zu überwinden. Der psychotische Patient kann scharfsinnige, prägnante, oft metaphorische Bemerkungen machen, die Einsicht in die Kräfte verraten, die ihn binden. Im Gegensatz dazu kann er selbst Experte darin werden, double bind Situationen herzustellen.

  3. Nach unserer Theorie ist die beschriebene Kommunikationslage für die Sicherheit der Mutter und demnach für die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts in der Familie wichtig. Wenn das so ist, dann muss die Mutter Angst bekommen, sobald die Psychotherapie des Patienten ihm dazu verhilft, ihrem Herrschaftsanspruch weniger ausgeliefert zu sein. Ähnlich muss der Therapeut, wenn er der Mutter die Dynamik der Situation erklärt, die sie mit dem Patienten herstellt, eine Angstreaktion in ihr auslösen. Nach unserem Eindruck führt das, wenn zwischen Patient und Familie ein dauernder Kontakt besteht (besonders, wenn er während der Psychotherapie zu Hause lebt), zu einer (oft schweren) Störung bei der Mutter und manchmal sogar bei Mutter, Vater und Geschwistern (10, 11).

Der gegenwärtige Stand und die künftigen Aussichten

Viele Autoren haben die Schizophrenie unter dem Aspekt des stärksten Gegensatzes zu jeder anderen Form menschlichen Denkens und Verhaltens dargestellt. Nun handelt es sich zwar um ein isolierbares Phänomen, doch trägt eine solche Betonung der Unterschiede zum Normalen - die der ängstlichen Absonderung des Psychotikers von anderen Menschen ziemlich entspricht - nichts dazu bei, die Probleme zu verstehen. Wir gehen bei unserem Ansatz davon aus, dass die Schizophrenie allgemeine Prinzipien in sich schließt, die bei jeder Kommunikation wichtig sind, weshalb sich in »normalen« Kommunikationslagen viele lehrreiche Ähnlichkeiten finden lassen.

Unser besonderes Interesse galt den verschiedenen Arten der Kommunikation, die sowohl eine emotionale Bedeutung haben als auch eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Ordnungen von Botschaften erforderlich machen. Zu solchen Situationen gehören Spiel, Humor, Ritual, Poesie und Dichtung. Das Spiel, besonders bei Tieren, haben wir in einigem Ausmaß studiert (3). Es handelt sich um eine Situation, die überzeugend das Auftreten von Metabotschaften illustriert, deren richtige Unterscheidung für das Zusammenwirken der Beteiligten von entscheidender Wichtigkeit ist; zum Beispiel kann eine falsche Unterscheidung leicht einen Kampf auslösen. Eng verwandt mit dem Spiel ist der Humor, ein ständiger Gegenstand unserer Forschung. Zu ihm gehören plötzliche Übergänge von einem logischen Typus zum anderen, ebenso die Unterscheidung solcher Übergänge. Das Ritual ist ein Bereich, in dem in ungewöhnlicher Weise reale oder wörtliche Zuschreibungen des logischen Typs vorgenommen und ebenso nachdrücklich verteidigt werden, wie der Schizophrene die »Realität« seiner Wahnvorstellungen verteidigt. Die Poesie exemplifiziert die kommunikative Macht der Metapher - selbst der ganz ungewöhnlichen Metapher -, wenn sie mittels verschiedener Zeichen als solche markiert wird, wogegen die nicht als solche gekennzeichnete Metapher des Schizophrenen dunkel bleibt. Das gesamte Gebiet der dichterischen Kommunikation, definiert als Erzählung oder Darstellung einer Reihe von Ereignissen, die mehr oder weniger das Signum von Wirklichkeit tragen, ist für die Erforschung der Schizophrenie höchst wichtig. Wir sind dabei nicht so sehr an der inhaltlichen Interpretation der Dichtung interessiert - obwohl die Analyse oraler und destruktiver Thematiken für die Schizophrenieforschung aufschlussreich ist - als vielmehr an den formalen Problemen, die mit der gleichzeitigen Existenz vielfältiger Botschaftsebenen in der dichterischen Darstellung von »Realität« gegeben sind In dieser Hinsicht ist das Drama besonders interessant, bei dessen Aufführung Darsteller und Zuschauer gleichermaßen auf Botschaften über die tatsächliche wie die theatralische Realität reagieren.

Große Beachtung schenken wir der Hypnose. Eine beachtliche Menge von Phänomenen, die als schizophrene Symptome auftreten - Halluzinationen, Wahnvorstellungen, Persönlichkeits-Veränderungen, Amnesien usw. -, lassen sich durch Hypnose temporär bei normalen Personen erzeugen. Sie müssen dabei nicht unbedingt als spezifische Phänomene suggeriert werden, sondern können das »spontane« Ergebnis eines arrangierten Kommunikationsablaufs sein. So erzeugt zum Beispiel Erickson (4) eine Halluzination, indem er zunächst in einer Hand der Versuchsperson Katalepsie auslöst und dann sagt: »Ihre Hand kann sich auf keine wahrnehmbare Weise bewegen, aber wenn ich das Signal gebe, muss sie sich bewegen.« Das heißt, er sagt dem Betreffenden, seine Hand werde in derselben Lage bleiben, doch werde sie sich bewegen, und es gebe für ihn keine Möglichkeit der bewussten Wahrnehmung. Wenn Erickson das Signal gibt, hat die Versuchsperson die Halluzination, dass die Hand sich bewegt, oder sie halluziniert sich an einen anderen Ort, so dass sich die Hand bewegen kann. Die Benutzung der Halluzination zur Lösung eines durch widersprüchliche Befehle, die nicht diskutiert werden können, geschaffenen Problems erscheint uns als ein Beispiel dafür, wie eine double bind Situation durch Wechsel der logischen Typen gelöst werden kann. Die Reaktionen eines Menschen unter Hypnose auf direkte Suggestionen oder Behauptungen bringen ebenfalls im allgemeinen einen Wechsel im Typus mit sich und ähneln damit sehr denen von Schizophrenen, sei es dass Worte wie »Hier ist ein Glas Wasser« oder »Sie sind müde« für äußere oder innere Realität gehalten, sei es dass metaphorische Feststellungen wörtlich genommen werden. Wir hoffen, das weitere Studium der Herstellung eines Zustands der Hypnose, ihrer Phänomene und der unter ihrem Einfluss bestehenden Wachheit in dieser kontrollierbaren Situation wird dazu beitragen, unseren Blick für die wesentlichen Kommunikationsabläufe zu schärfen, die Phänomene ähnlich denen der Schizophrenie erzeugen.

In einem anderen Experiment hat Erickson (12) anscheinend einen Kommunikationsablauf mit double bind Charakter isoliert, ohne spezifischen Gebrauch von Hypnose zu machen. Erickson richtete es bei einem Seminar so ein, dass ein junger Kettenraucher neben ihm saß und keine Zigaretten hatte; anderen Teilnehmern hatte er kurz gesagt, wie sie sich verhalten sollten. Alles war darauf angelegt, dass Erickson dem jungen Mann wiederholt eine Zigarette anbot, aber stets von irgend jemand mit einer Frage unterbrochen wurde, so dass er sich abwandte und die Zigaretten »unabsichtlich« aus der Reichweite des jungen Mannes zurückzog. Später fragte ein anderer Teilnehmer diesen jungen Mann, ob er von Dr. Erickson die Zigarette bekommen habe. Er erwiderte: »Welche Zigarette?«, und zeigte deutlich, dass er den ganzen Ablauf vergessen hatte, lehnte sogar eine Zigarette ab, die ein anderer Teilnehmer ihm anbot, und sagte, er sei zu sehr an der Seminardiskussion interessiert, um zu rauchen. Dieser junge Mann befindet sich für unsere Begriffe in einer experimentellen Situation, die der double bind Situation des Schizophrenen mit seiner Mutter entspricht: eine wichtige Beziehung, widersprüchliche Botschaften (hier bestehend im Geben und wieder Wegnehmen) und eine Blockierung der Stellungnahme dazu - schließlich ist ein Seminar im Gange, und dann ist ja auch alles »unabsichtlich«. Und man beachte die Ähnlichkeit des Ergebnisses: Das double bind Geschehen wird aus dem Gedächtnis verbannt, und es findet eine Umkehrung von »Er gibt sie mir nicht« in »Ich will sie nicht« statt.

Obwohl wir mit diesen Überlegungen auf benachbarte Gebiete geraten sind, bleibt das Hauptgebiet unserer Beobachtung doch die Schizophrenie selbst. Jeder von uns hat direkt mit schizophrenen Patienten gearbeitet, und wir haben einen Großteil dieses Fallmaterials auf Band genommen, um es detailliert untersuchen zu können. Dazu nehmen wir gemeinsame Interviews mit Patienten und ihren Familien auf Band und machen Tonfilmaufnahmen von Müttern und gestörten, vermutlich präschizophrenen Kindern. Wir hoffen, dass wir damit das ständig reproduzierte double bind Geschehen, das sich nach unserer Auffassung bei späteren Schizophrenen von Kindheit an in der Familiensituation abspielt, mit unbestreitbarer Evidenz werden nachweisen können. Diese familiäre Grundsituation sowie die offenkundigen Kommunikationsmerkmale der Schizophrenie haben den Mittelpunkt dieses Aufsatzes gebildet. Wir denken jedoch, dass unsere Begriffe und ein Teil dieses Materials auch der künftigen Arbeit hinsichtlich anderer Probleme der Schizophrenie zugute kommen werden: der Vielfalt anderer Symptome etwa, dem Charakter des »angepassten Zustands« vor manifest Werden der Schizophrenie sowie dem Wesen und den Bedingungen des Ausbruchs der Psychose.

 

Implikationen dieser Hypothese für die Therapie

Die Psychotherapie ist selbst ein Bezugssystem mit Kommunikationen auf vielen Ebenen, welche die unklaren Linien zwischen dem Wörtlichen und dem Metaphorischen bzw. zwischen Realität und Phantasie erforscht, und tatsächlich ist von Spiel, Drama und Hypnose in der Therapie weitgehend Gebrauch gemacht worden. Unser Interesse gilt der Therapie, und zur Ergänzung unseres eigenen Materials haben wir Aufnahmen, wortgetreue Aufzeichnungen und persönliche Berichte von anderen Therapeuten gesammelt und geprüft. Dabei bevorzugen wir genaue Wiedergaben, da wir der Ansicht sind, dass die Sprechweise eines Schizophrenen zum Großteil, wenn auch oft auf tückische Weise, davon abhängt, wie ein anderer mit ihm redet; es ist äußerst schwierig, sich ein Bild davon zu machen, was wirklich in einem therapeutischen Interview vor sich gegangen ist, wenn man nur eine indirekte Schilderung davon bekommt, vor allem wenn diese Schilderung bereits selbst theoretisch formuliert wird.

Abgesehen von einigen allgemeinen Bemerkungen und Vermutungen können wir allerdings noch nichts über das Verhältnis des double bind zur Psychotherapie sagen. Im Augenblick können wir nur feststellen:

  1. Double bind Situationen werden durch den psychotherapeutischen Rahmen und das Krankenhausmilieu sowie in ihnen geschaffen. Unter dem Gesichtspunkt dieser Hypothese fragen wir uns, welche Wirkung die ärztliche »Freundlichkeit« auf den schizophrenen Patienten hat. Da Hospitäler mindestens genauso gut und genauso sehr zum Wohle des Personals wie zum Wohle des Patienten da sind, werden zuweilen Widersprüche auftreten, wenn irgendwelche Handlungen »zum Wohle« des Patienten vorgenommen werden, die in Wirklichkeit den Zweck haben, den Ärzten das Leben zu erleichtern. Wir möchten annehmen, dass die schizophrenogene Situation zementiert wird, wann immer das System zu Krankenhauszwecken organisiert und dem Patienten verkündet wird, diese Maßnahmen würden zu seinen Gunsten getroffen. Diese Art der Täuschung wird den Patienten veranlassen, darauf zu reagieren wie auf eine double bind Situation, und seine Reaktion wird in dem Sinne »schizophren« sein, dass sie indirekt ist und der Patient sich nicht damit auseinander setzen kann, dass er sich getäuscht fühlt. Ein kleines Beispiel am Rande, das zum Glück amüsant ist, wird eine solche Reaktion veranschaulichen. Auf einer Station unter der Leitung eines uneigennützigen und »großmütigen« Arztes befand sich an der Tür dieses Arztes ein Schild mit der Aufschrift: »Arztbüro. Bitte anklopfen.« Der Arzt wurde von dem gehorsamen Patienten zur Verzweiflung und schließlich zur Kapitulation getrieben, weil dieser jedes mal, wenn er an der Tür vorbeiging, gewissenhaft anklopfte.

  2. Das Verständnis des double bind und seiner Kommunikationsaspekte mag zu Neuerungen in der therapeutischen Technik führen. Worin diese Neuerungen bestehen könnten, ist schwierig zu sagen, doch nehmen wir aufgrund unserer Untersuchungen an, dass ständig double bind Situationen in der Psychotherapie auftreten. Zuweilen sind sie unbeabsichtigt in dem Sinne, dass der Therapeut eine double bind Situation schafft, die jener in der Lebensgeschichte des Patienten ähnelt, oder der Patient den Therapeuten in eine double bind Situation bringt. Dann wieder scheint der Therapeut, entweder absichtlich oder intuitiv, double binds aufzuerlegen, die den Patienten zwingen, anders zu reagieren, als er das in der Vergangenheit getan hat.

Ein Beispiel aus der Praxis einer begabten Therapeutin illustriert das intuitive Verständnis eines Kommunikationsablaufs im Sinne des double bind. Dr. Frieda Fromm-Reichmann (5) behandelte eine junge Frau, die seit ihrem siebten Lebensjahr eine eigene hochkomplizierte Religion aufgebaut hatte, angefüllt mit mächtigen Göttern. Sie war völlig schizophren und voller Scheu, in eine therapeutische Situation einzutreten. Am Anfang der Behandlung sagte sie: »Gott R sagt, ich soll nicht mit Ihnen reden.« Dr. Fromm-Reichmann antwortete: »Schauen Sie, wir wollen etwas auf Band nehmen. Für mich existiert Gott R nicht, und die ganze Welt von Ihnen existiert nicht. Für Sie existiert sie, und es liegt mir fern zu denken, dass ich sie Ihnen wegnehmen kann, ich habe keine Ahnung, was sie bedeutet. So bin ich bereit, mit Ihnen auf der Grundlage dieser Welt zu reden, wenn Sie sich nur klarmachen, dass ich das so tue, dass wir uns darüber einig sind, dass sie für mich nicht existiert. Gehen Sie nun zu Gott R und sagen Sie ihm, wir haben uns zu unterhalten und er soll Ihnen die Erlaubnis dazu geben. Sie müssen ihm außerdem sagen, dass ich Arzt bin und Sie von sieben bis sechzehn - also neun Jahre - in seinem Königreich gelebt haben und er Ihnen nicht geholfen hat. So muss er mir jetzt erlauben, den Versuch zu machen und zu sehen, ob Sie und ich dieses Werk vollbringen können. Sagen Sie ihm, ich bin Arzt, und dass ich dies versuchen will.«

Die Therapeutin hält ihre Patientin in einem »therapeutischen double bind«. Äußert die Patientin Zweifel an ihrem Glauben an ihren Gott, so stimmt sie Dr. Fromm-Reichmann zu und gesteht ihre positive Einstellung zur Therapie ein. Besteht sie darauf, dass Gott R real ist, so muss sie ihm sagen, dass Dr. Fromm-Reichmann »mächtiger« ist als er - und damit ebenfalls ihre Verstrickung mit der Therapeutin zugeben.

Der Unterschied zwischen der therapeutischen Falle und der ursprünglichen double bind Situation besteht zum Teil darin, dass der Therapeut selbst nicht an einem Kampf auf Leben und Tod beteiligt ist. Er kann deshalb relativ heilsame Beziehungsfallen stellen und dem Patienten allmählich helfen, sich aus ihnen zu emanzipieren. Viele der außerordentlich zweckmäßigen »Schachzüge«, mit denen der Therapeut die Behandlung eröffnet, scheinen intuitiv zu sein. Wir teilen das Ziel der meisten Psychotherapeuten, die den Tag herbeisehnen, an dem derartige Geniestreiche so gut bekannt sind, dass sie sich systematisieren lassen und Allgemeingut werden können.

 

Anmerkungen

  1. Dieser Aufsatz beruht auf Hypothesen, die zunächst in einem von der Rockefeller-Stiftung finanzierten Forschungsprojekt 1952-54 entwickelt wurden, das von der Abteilung für Soziologie und Anthropologie an der Stanford-Universität verwaltet und von Gregory Bateson geleitet wurde. Ab 1954 ist das Projekt mit der finanziellen Unterstützung der Josiah Maey jr. Stiftung fortgesetzt worden. Jay Haley gebührt das Verdienst erkannt zu haben, dass die Symptome der Schizophrenie auf eine Unfähigkeit hinweisen die logischen Typen zu unterscheiden, eine Erkenntnis, die von Bateson ausgebaut wurde, indem er sie mit der Auffassung verband, dass sich die Symptome und die Ätiologie der Schizophrenie unter dem Aspekt einer double bind Hypothese formal darstellen lassen. Die Hypothese wurde D. D. Jackson übermittelt, und er fand, dass sie mit seinen Vorstellungen von Familien-Homöostase gut zusammenpasste. Seither hat Dr. Jackson mit dem Projekt eng zusammengearbeitet. Das Studium der formalen Analogien zwischen Hypnose und Schizophrenie haben John H. Weakland und Jay Haley betrieben.
  2. Ein von diesem Projekt gestalteter Film, »The Nature of Play; Part 1, River Otters«, steht zur Verfügung.
  3. »Doppelbindung«. Deutsche Autoren sprechen mitunter von der Beziehungsfalle [Anm. d. Übers.].
  4. Unser Begriff von Strafe wird gegenwärtig verfeinert. Wie uns scheint, führt sie zu einem Wahrnehmungs-Erleben von einer Art, für die der Begriff »Trauma« zu eng ist.

Literaturhinweise

G. Bateson, D. D. Jackson, J. Haley und J. H. Weakland, Auf dem Wege zu einer Schizophrenie Theorie (Towards a Theory of Schizophrenia) - Behavioral Science, vol. I : 251-264, 1956.

  1. Bateson, G., Social planning and the concept of »deutero-learning«, in Conference on Science, Philosophy, and Religion, Second Symposium, New York 1942.
  2. Bateson, G., A theory of play and fantasy, in Psychiatric Research Reports, 1955, 2, 39-51.
  3. Carpenter, C. R., A field study of the behavior and social relations of howling monkeys, in Comp. Psychol. Monogr., 1931, 10, 1-168.
  4. Erickson, M. H., persönliche Mitteilung, 1955.
  5. Fromm-Reichmann, F., persönliche Mitteilung, 1956.
  6. Haley, J. Paradoxes in play, fantasy, and psychotherapy, in Psychiatric Research Reports, 1955, 2, 52-58.
  7. Harlow, H. F., The formation of learning sets, Psychol. Rev., 1949, 56, 51-65.
  8. Hilgard, J. R., Anniversary reactions in parents precipitated by children, in Psychiatry, 1953, 16, 73-80.
  9. Hull, C. L., u. a., Mathematico-deductive theory of role learning, New Haven 1940.
  10. Jackson, D. D., An episode of sleepwalking, in J. Amer. Psychoanal. Assn., 1954, 2, 503-508.
  11. Jackson, D. D., Some factors influencing the Oedipus complex, in Psychoanal Quart., 1954, 23, 566-581.
  12. Jackson, D. D., The question of family homeostasis, vorgetragen auf dem Treffen der Amer. Psychiatric Assn., St. Louis, 7. Mai 1954.
  13. Lorenz, K. Z., King Solomon's ring, New York 1952.
  14. Perceval, J., A narrative of the treatment experienced by a Gentleman during a state of mental derangement, designed to explain the causes and nature of insanity, etc. London 1836 und 1840.
  15. Ruesch, J., und G. Bateson, Communication: the social matrix of psychiatry, New York 1951.
  16. E. von Domarus, The specific laws of logic in schizophrenia.